Geschichte von Istanbul

 Die Geschichte von Istanbul ist so lang und von ereignissen geprägt wie kaum eine andere europäische Stadt. Als griechische Stadt gegründet, stieg die Stadt zu einem bedeutenden Handelszentrum unter dem Namen Konstantinopel zur Hauptstadt des byzantischen Reichs auf. Im Mittelalter war sie die einzigste Weltstadt Europas, und nach der osmanischen Eroberung verschmolzen die Kulturen zwischen dem Orient und der Westlichen Welt.

Geschichte bis zur römischen Zeit

 Funde aus der Jugendsteinzeit in der nähe des heutigen Stadtteils Kadıköy sowie aus der Bronzezeit im Stadtteil Sultanahmed belegen, dass die Ufer am Bosporus schon sehr früh besiedelt waren. Bereits für die Griechen war diese Meerenge, für den Handel von entscheidender Bedeutung. Um diesen strategisch wichtigen Punkt, nicht nur für den Seeweg, auch für den Landweg zu sichern, wurde um 685 vor Chr. die erste Kolonie auf der asiatischen Seite des Bosporus gegründet.  

In der bereits von indogermanisches Volk  besiedelten Gegend auf der europäischen Seite kam es 17 Jahre nach der Gründung von Kalchedon zu einer zweiten Stadtgründung durch die Megarer (Griechen), zusammen mit Kolonisten aus Argos sowie aus Korinth. Der Name der neuen Siedlung, lautete Byzantion, wurde später als Stadt des legendären Anführers Byzas aus Megara, gedeutet.

Aufgrund ihrer Lage waren die beiden Städte von nahezu allen Kriegen betroffen, die sich in den folgenden Jahrhunderten im griech asiatischen Raum geführt wurden. Während des Afstandes der asiatischen und zyprischen Griechen, wurden beide Städte von den Persern belagert und eingenommen, woraufhin Teile der Bevölkerung auf andere griechische Schwarzmeerkolonien wie Bulgarien auswichen. 478 vor Chr. wurde es vom Spartaner Pausanias eingenommen. Dieser herrschte dort zwei Jahre, wurde dann aber von der Bevölkerung vertrieben. Seit 476 vor Chr. hatte Byzantion eine Demokratie als Regierungsform.

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Kalchedon als auch Byzantion waren den Attisch Delischen Seebund beigetreten, mit sehr hohem Tribut. 411 vor Chr. traten beide nach einem Konflikt mit Samos zum Peloponnischen Bund über, dann 409 vor Chr. wurden beide Städte durch Alkibides,  für den Attisch Delischen Seebund zurückerobert. Ab 387 v. Chr. stand Kalchedon unter persischer Oberherrschaft, 357 v. Chr. wurde es jedoch von Byzantion aus von den Persern befreit. Im Jahr darauf trat Byzantion aus dem mittlerweile geschwächten attischen Seebund aus. 340/339 v. Chr. belagerte der Makedonenkönig Philipp der II. Byzantion vergeblich.

315 vor Chr. wurde Kalchedon durch Zipoits belagert, jedoch wurde die Belagerung von Antigonos aufgelöst. 302/301 v. Chr. war die Belagerung erfolgreich, auf anraten von Byzantion kam es dann zum Frieden. 281 vor Chr. traten beide Städte in die antiseleukidische Allianz ein. 220 vor Chr. kam es zu einem Wirtschaftskrieg Byzantions gegen Rhodos. In den Kriegen gegen Philipp V., Antiochos III. sowie Perseus, standen beide Städte auf Seiten der Römer, 202 vor Chr. wurde Kalchedon von Philipp V. erobert. 196 vor Chr. kam es dann zur römischen Freiheitserklärung.

Unter Vespasian wurde Byzantion in das Römische Reich eingegliedert. Nachdem die Stadt seit dem 4. Jahrhundert vor Chr. durch die Kontrolle des Seehandels eine wirtschaftliche Blüte erlebte, wurde ihr Wachstum durch die Steuerpflicht gegenüber dem römischen Statthalter gebremst. Septimius Severus ließ die Stadt 196 n. Chr. zur Bestrafung für die Unterstützung seines Rivalen Pescennius Niger zerstören, auf die Fürsprache und anraten von Caracallas, wurde Byzantion wieder aufgebaut. 258 wurden Byzantion und Kalchedon von den Goten geplündert und zerstört.

Spätantike und die byzantinische Zeit

Wegen der wachsenden Bedeutung der Osthälfte des Reiches wurde Byzantion 324 vom römischen Kaiser Konstantin I. als neue Hauptstadt (als Neues Rom), geplant und sechs Jahre später, am 11. Mai 330 als Konstantinopel  feierlich eingeweiht. Die Stadt wurde auf das Fünffache der ursprünglichen Fläche vergrößert, und wie das Vorbild Rom auf sieben Hügeln errichtet. Ein zweites Rom, wo es auch ein Kapitol sowie eine Pferderennbahn (Hippodrom) für 30 000 Zuschauern gab.     

Die Erweiterung Konstantinopels konnte aufgrund der Lage nur nach Westen hin erfolgen. Etwa 500 m westlich der von Konstantin errichteten Stadtmauer wurde 412 eine neue, die heute noch teilweise erhaltene Stadtmauer errichtet und so wurde das Gebiet der Stadt von sechs auf zwölf km² verdoppelt. Die Bevölkerung Konstantinopels wuchs stetig. Die Versorgung der weit über 100.000 Einwohner stellte die Herrscher zeitweise vor Probleme, insbesondere im 7. Jahrhundert nach dem Verlust der Kornkammer, wodurch die Einwohnerzahl wieder zurückging. Um die Versorgung von Waren sicherzustellen, wurde der Hafen an der Küste zum Goldenen Horn und zum Marmarameer ausgebaut und zum Teil neugebaut. Auch die Versorgung mit Trinkwasser der riesigen Stadt wurde durch den bau mehrerer Wasserleitungen (Aquädukte) gewährleistet, das Wasser wurde in meheren Wasserspeichern (Zisternen) gespeichert.

   Konstantinopel um 1910

Konstantinopel galt lange Zeit als uneinnehmbar, zahlreiche Angriffe und Belagerungen scheiterten an den starken Mauern der Stadt, 626 durch den Angriff der Perser und Awaren, 674 - 678 sowie 717/18 Belagerung durch die Araber, 1090 versuchten es die Bulgaren und Russen, auch die Schlacht von Tours und Poitiers durch die Franken sind in die Geschichte eingegangen.

Trotz vieler Stadtbrände, Erdbeben und Seuchen galt Konstantinopel bis ins Mittelalter zu den wenigen Weltstädten und die mit Abstand größte und wichtigste christliche Metropole. Unter Flavius Petrus Sabbatius Iustinianus (war ein Römischer Kaiser, auch bekannt als Justinian der Große) erreichte sie im 6. Jahrhundert ihre erste Blüte, die Einwohnerzahl durchbrach die 500.000er Marke. Infolge des Nika Aufstandes (Volkserhebung) war 532 fast das gesamte Stadtzentrum zerstört worden, was Justinian als willkommenen Anlass zu einer Neugestaltung des Stadtbildes nutzte. Am bekanntesten und beeindruckendsten ist der in nur fünf Jahren errichtete Neubau der zerstörten Hagia Sophia, die damals wie heute von manchen als Achtes Weldwunder bezeichhnet wird. In die Amtszeit von Justinians fällt auch die schwere Pestepidemie von 542, bei dieser zehntausende Menschen starben (Schätzungen zu Folge soll es die Hälfte der Stadtbevölkerung getroffen haben). Bis Mitte des 8. Jahrhunderts ging die Einwohnerzahl zurück, was auch mit an der Belagerung der Araber lag. Im 12. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl auf etwa 700.00 wieder an.

Im elften Jahrhundertsuchten die Byzantiner in der Schlacht von Manzikert unterstützung bei den Venezianern, dafür erhielten diese Handeslsprivilegien, Zollnachlässe sowie eine Handelsniederlassung vertraglich zugesichert. Denn in der Metropole am Bospuros sahen die Venezianer eine fortschrittliche Infrastruktur, die sie aus keiner ihrer Städte kannten. Es gab Aquädukte, Kanalisation, Bäder, Polizei, Feuerwehr,eine Universität und Kliniken mit Abteilungen für die unterschiedlichsten Krankheiten. Händler aus aller Welt trafen sich auf den Basaren der Stadt um ihren Geschäften nach zu gehen, deren großer Reichtum auf dem Überseehandel beruhte.

Das  freundliche Verhältnis der Byzantiner zu Venedig, schlug um 1171 in Verachtung und Hass um, welches durch (aus Sicht der Venezianer) anmaßende Auftreten der Byzantiner als Provokation gesehen wurde. Als die byzantinische Regierung zuerst den Besitz tausender Venezianer konfiszierte und sie anschließlich einkerkerte, brach Venedig als wichtigster Markt komplett weg, die Existenz war bedroht. Trotz eines 1177 beschlossenen Friedens beeinträchtigte das Ereignis der die Beziehung zwischen Konstantinopel und Venedig nachhaltig und so wurde 1202 von Venedig ein Kreuzfahrerherr nach Konstantinopel gesand, unter dem Vorwand die dortigen Thronstreitigkeiten zu klären. Trotz getaner Arbeit blieben die Venezianer in Konstantinopel. Als diese eine Moschee entdeckten (infolge der Niederlassung 718 arabischer Händler, gab es in Konstantinopel eine Gemeinde und Moscheen), wurde diese angezündet, dadurch wurde mal wieder ein ganzer Stadtteil zerstört.

Nachdem unter ungeklärten Umständen Isaak II. sowie sein Sohn Alexios IV. starben, dadurch Alexios V. auf den Thron stieg, wurden die Venezianer aus der Stadt verwiesen, dieses wollten die Vezianer aber nicht auf sich sitzen lassen und planten einen erneuten Angriff vor. Am 13. April 1204 gelang es ihnen, die Stadt von der Seemauer am Goldenen Horn her zu stürmen. Die anschließende Plünderung der Stadt dauerte drei Tage. Viele Einwohner der kosmopolitischen Metropole wurden dabei getötet. Zahlreiche Monumente wurden zerstört, großartige Kunstwerke wurden vernichtet oder geraubt, etliche Bibliotheken niedergebrannt, wodurch zahlreiche Historische Dokumente verloren gingen sowie eine große Anzahl der in Konstantinopel aufbewahrten Heilige Reliquien über ganz Europa zerstreut wurden. Von der Zerstörung und Plünderung durch die Venezianer hat sich Konstantinopel für den Rest des Mittelalters nicht wieder erholt.

Das Byzantinische Gebiet wurde durch die Kreuzfahrer zerstückelt diese  errichteten dann das sogenannte Lateinische Kaiserreich. Dieses hatte aber nur kurz bestand, im Jahr 1261 eroberte ein Söldnerheer des von geflohenen byzantinischen Familien getragenen Kaiserreiches Nikaia die Stadt im Handstreich zurück. Das Byzantinische Reich wurde in vergleichsweise bescheidenem Umfang wiedaufgebaut, dadurch verlor man aber weitere Gebiete seines Territoriums. Um 1300 hatte Konstantinopel noch etwa 100.000 Einwohner. Seine Rolle als wichtigstes Handelszentrum des Mittelmeers hatte es an die italienischen Hafenstädte, insbesondere Venedig, verloren.

1326 begann mit der Eroberung Bursas durch Osman I.der Siegeszug der Osmanen. In kürzester Zeit eroberten diese, ganz Anatolien und Teile des europäischen Festlandes. Byzanz glich bald einer Insel im Osmanischen Reich. Im 15. Jahrhundert bestand es aus dem eigentlichen Stadtgebiet und den umliegenden Dörfern, es gab nur noch ca. 40.000 Einwohner.

In der Nacht vom 28.–29. Mai 1453 befahl der Sultan der Türken, die Schiffe mit Holzplatten und Tierfett, vom Schwarzen Meer über das Festland bis in die Bucht von Konstantinopel. Gegen Morgen waren sie fertig, und die Byzantiner mussten mitansehen, wie das osmanische Reich, ihre Stadt in nur 45 Minuten eroberte. Inzwischen prägten die muslimischen Herrscher, die Konstantinopel zur Hauptstadt ihres Reiches machten, das Stadtbild neu. Die Kirchen, deren bedeutendste die Hagia Sophia war und ist, wurden um Minarette ergänzt und zu Moscheen umgebaut. Bald durften die vertriebenen Griechen und Armenier zurückkehren und prägten somit das Bild einer im europäischen Vergleich der damaligen Zeit toleranten Metropole bis zum Ende des Osmanischen Reiches.

Die Osmanische Zeit

Nach der Eroberung nannten die Türken die Stadt Istanbul, auch wenn der offizielle Name bis in die 1920er Jahre weiter Konstantinopel blieb. Der Name Istanbul leitet sich aus dem griechischen is tim boli(n) verschliffen, ab, was in die Stadt bedeutet und sich der Legende nach als Aufschrift auf Wegweisern in der Umgegend der Stadt Konstantinopel fand. Von den Türken wurde es als Name der Stadt verstanden.

 Wappen vom Osmanischen Reich

Die Stadt wurde Residenz der Sultane und Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Sie behielt neben der politischen große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung und ein internationales Gepräge. Selbst das Patriarchat blieb erhalten, bis 1821 spielten Griechen eine wichtige Rolle. Unter Süleyman dem Prächtigen (1520–1566) war Istanbul die Hauptstadt eines riesigen Reiches, das von Ungarn über Belgrad bis Bagdad und weit nach Nordafrika reichte. Das Osmanische Reich war am Gipfel seiner Macht, was sich in einer Vielzahl von Palästen und Moscheen des Architekten Sinan, des größten osmanischen Baumeister seiner Zeit, widerspiegelt. Bereits damals begann aber der Niedergang. Fehlende Reformen, korrupte Wesire, die Macht der Sultansfrauen sowie die Abschottung gegen moderne Tendenzen bewirkten, dass man trotz einer schönen Fassade im 19. Jahrhundert schließlich vom kranken Mann am Bosporus sprach, wenn man das Osmanische Reich meinte.

Ab dem 17. Jahrhundert kam es zu einem massiven Zuzug von Armeniern aus allen Gebieten des Osmanischen Reichs. Mitte des 19. Jahrhunderts lebten bereits über 220.000 Armenier in Konstantinopel, die mit ihrer eigenen Kultur das Bild der Stadt mitprägten. Die Verfolgung der Armenier auch in der türkischen Hauptstadt ab 1915 setzte dem schließlich ein Ende.

Die Moderne Türkei

Im Ersten Weltkrieg schlug sich das Osmanische Reich auf die Seite der Mittelmächte und verlor. Danach wurde das Reich unter den alliierten Siegermächten aufgeteilt und musste große Gebietsverluste hinnehmen. İstanbul mit den Meerengen Bosporus und Dardanellen wurde zunächst von den Alliierten besetzt, Griechenland plante die Wiedereroberung der Stadt und begann einen Kriegszug. Unter Mustafa Kemal, genannt Atatürk, begann ein Befreiungskrieg gegen die Griechen und Alliierten, der mit dem Vertrag von Lausanne endete, die Griechen von Konstantinopel durften als einzige weiter in der Türkei verbleiben. İstanbul verlor 1923 den Status als Hauptstadt der modernen Türkei an Ankara im zentralen Hochland Anatoliens, wohl auch, um sich von der Tradition der Osmanen abzugrenzen, ein an westlichen Idealen orientiertes Bildungssystem wurde eingeführt, sowie ein allgemeines Wahlrecht (auch für Frauen). İstanbul behielt jedoch die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung bei, was durch den regen Zuzug von Menschen aus Anatolien seit den 1950er Jahren noch verstärkt wurde.

1925 verbot Kemal Atatürk, inzwischen Gründer der Republik, die damals zahlreichen und mitgliederstarken Derwisch Orden (muslimischen asketisch religiösen Ordensgemeinschaft). Die meisten agierten anschließend im Geheimen, manche von ihnen haben noch in heutiger Zeit eine große Anhängerschaft. Um dem noch immer gültigen Verbot zu entgehen, treten diese aber meist als Kulturvereine auf.

Der Alltag der noch in Istanbul lebenden christlichen und jüdischen Minderheiten war nach dem Ersten Weltkrieg von Diskriminierung und ständigen Repressalien geprägt. 1942 kam es zur Einführung einer Besonderen Vermögenssteuer, im September 1955 zum berüchtigten Pogrom von Istanbul (gewalttätige Ausschreitungen gegen die christliche, vor allem griechische Minderheit). 1964 wurden schließlich rund 100.000 Griechen ohne türkische Staatsangehörigkeit des Landes verwiesen. Die Zahl der Armenier in Istanbul umfasst daher heute nur noch etwa 60.000, die Zahl der Griechen beläuft sich auf 2500.

Ende 2003 wurde die Stadt zum Ziel einer Serie verheerender terroristischer Anschläge. Am Samstag, dem 15. November, explodierte jeweils eine Autobombe vor Istanbuls größtem Gotteshaus der Juden (Synagoge Neve Shalom) sowie der davon fünf Kilometer entfernten Beth Israel Synagoge und beschädigten diese schwer. Etwa 20 Menschen kamen ums leben, mehr als 250 wurden zum Teil schwer verletzt. Am darauffolgenden Donnerstag, dem 20. November, kam es zu einem weiterem Anschlag, diesmal auf das Gebäude der Britischen HSBC Bank und des britischen Konsulats. Dabei werden etwa 30 Menschen getötet, über 450 verletzt. Als Täter wurden Islamisten ausfindig gemacht. Der erste Prozess gegen die Täter ging am 16. Januar 2007 zu Ende.


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